Bizau | Austria

Aussenansichten
Haus Frick, Bizau

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Haus Frick, Bizau

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Haus Frick, Bizau

Innenraum
Haus Frick, Bizau

Innenraum

Haus Frick, Bizau

Leben und Wohnen (VN) vom 11./12. Feb. 2012     Link zur Beilage
Text Autor: Florian Aicher

Geheimnis der Zahl
Etwas ist anders – doch was? Vor anderthalb Jahren gründlich saniert – und das heißt in diesem Fall, erneuert, denn manches war nicht zu retten – doch in seiner Art ist es ein Bregenzerwälder Bauernhaus geblieben. Was also?

In den Keller muss man! Keller? Schon das ist für ein altes Bauernhaus – das Baujahr wird um 1750 angenommen – etwas Besonderes. Das Haus hat nicht nur einen Keller, es hatte einen Keller mit ca. 3 m Raumlichte. Das war damals selbst in stattlichen Wohnräumen äußerst selten. Außerordentlich – und da kommt noch mehr. Ungewöhnlich die Größe und die Lage in Gelände und Himmelsrichtung. Stehen Bregenzerwälder Bauernhäuser doch entlang dem Hang, der Wohnteil zur Morgensonne, der Bergeraum zur Wetterseite. Dagegen dieses Haus: senkrecht zum Hang, Kopfbau nach Süden.

Naheliegend, dass es sich um die Neugründung eines bäuerlichen Betriebs handelte: Ein damals neu gewählter Standort gemäß der „Vernunft“ des Betriebsablaufs, das Haus größer als zu seiner Zeit üblich (ungewöhnlich viel Vieh), neuen Wirtschaftsformen zugetan (der Keller war eine Sennerei) – Bau gewordenes Programm der ersten „Strukturreform“ im Sinn aufgeklärten Wirtschaftens der Zeit Maria Theresias und Sohn Josef II. Was zu unserer Zeit passt, darstellbar in den Maßen. Äußerer Umfang und eben der enorme Keller erlauben es, die lichten Höhen der Wohnräume auf den heutigen Standard von 2,50 m zu bringen, indem das Erdgeschoss in den Keller gesenkt, das Obergeschoss in den Dachraum erhöht wurde. Trotz der historischen Ausgestaltung der Stuben und Kammern ergibt sich ein Raumgefühl, das zeitgemäß anmutet – anders eben als von einem historischen Haus gewohnt. Diese Orientierung am heutigen Standard bildet starke Kontraste zur Anmutung der alten Substanz.  Sind Wohnräume umlaufend durch Holztäfer und gewöhnliche Fenster geprägt, so ist der ehemalige Küchenflur auf beiden Stirnseiten großzügig verglast, weiße Wände und Decke herrschen vor; gegenüber dem noch immer funktionstüchtigen Ofenherd mit allerlei Beschlag und Besatz steht die lange Küchenzeile, grifflos, weiß, Schleiflack; der neue Küchenblock mit poliertem Edelstahl gedeckt. Unproblematisch war der Einbau einer Fußbodenheizung – musste doch der abgesenkte Boden neuaufgebaut werden. Die Decke zum Obergeschoss wurde darüber hinaus schalltechnisch ertüchtigt, jene zum Kaltdach großzügig gedämmt. Pragmatisch modern die Wahl der Oberflächen bei neuen Einbauten – sei es ein nässeunempfindlicher Terrazzo im Eingang, Stahl und Glas bei der Treppe, seien es die weißen Wände aus Gipskarton vor allem im Obergeschoss. Der Kontrast zum rohen – und sichtbar belassenen – Strick der Außenwände trägt viel zum Reiz der Räume bei, gerade hier oben in den Schlafräumen. Auch altes Bruchsteinmauerwerk wird durch Kontraste mit Neuem verstärkt. Mitunter könnte man meinen, das Alte sei dem Neuen hinzugefügt. Das ungewöhnlich große Haus erlaubt dies alles. Es erlaubt, dass die räumliche Struktur – sieht man von der längsgestellten Treppe ab – beibehalten wird. Es erlaubt, dass noch viel Raum für Zukunft bleibt. Es erlaubt, dass Fahrzeug und Gerät unter Dach kommen. Es erlaubt sich einen freien Stand in der Landschaft, den wenige Mauern im Gelände, ein Brunnen vor dem Eingang nicht beeinträchtigen. Und es erlaubt den eigentlich einzig neuen Raum, der Tenne abgerungen: der ins Haus gezogene, von der Wohnküche zugängliche Freisitz zur Morgensonne, freier Blick ins Tal – mittlerweile Lieblingsplatz von Jung und Alt.

Proportionen: Ausgewogenheit in Fassade und Baukörper - die Wälderhaus-Typologie setzt ein wohltuendes Zeichen in der Landschaft und bleibt Richtung Süden ganz authentisch.
Größenordnung: Ehemals wohnten Vieh und Mensch unter einem Dach. Heute stehen Volumen und Nutzflächen zur Gänze im Dienst der Familie - Vergleichbares im Neubau? Kaum leistbar!
Blickachse nach Süden: Lichtes Entree mit praktischem Estrichboden und Blickbeziehung über die gläsernen
Brüstungen ins Schlafgeschoss. Die moderne Wohnküche führt in die historische Stuben.

1_ Einladend in der blauen Stunde: der Schindelpanzer ziert das Vorderhaus, der stehende Bretterschirm schützt das Hinterhaus.
2_ Besondere Atmosphäre schafft das farblich harmonische Zusammenspiel ursprünglicher und neu eingebrachter Materialien.
3_Altbewährt und aufgemöbelt: das Täfer und die Kredenz der klassischen Stube. Am Bodenfries wird die Raumabsenkung deutlich.
4_ Lässige Eleganz am Tisch - modern gerahmt der Blick ins Freie - gesprächig der Zeitzeuge „Holzstrickwand“
5_ Griff- und schnörkellos die Schleiflackküche, nostalgisch und praktisch der gekachelte Ofenherd, weiß und glatt die Wände

 

Text Autor: Bernd Frick

Florian Aicher hat hier schon viel gesagt – hier noch ein paar Ergänzungen die wir noch los werden möchten.
Unser Traum ein altes Bregenzerwälder Bauernhaus zu bewohnen wurde wahr und wir fühlen uns sehr wohl. Diese Häuser lassen Entwicklungen zu – Häuser für Generationen. Unser Haus war vor der Sanierung teils in desolatem Zustand. Wir entschlossen uns dieses Haus mit der Zimmerei Michael Kaufmann zu sanieren – eine gute Entscheidung.
Durch die Sanierung kam teilweise unerwartetes zu Tage –  hier braucht man Handwerker mit Qualität und Auge um auf solche Situationen reagieren zu können. Schön war die Aufgabe am eigenen Heim zu bauen, weiterzubauen, was schon lange vor uns meisterhaft begonnen.
Fenster aus Holz, in der Größe dem Volumen und der Nutzung angepasst, einen neuen Eingang mit überdeckter Übergangszone und die integrierte Garage im ehemaligen Stadel – eingefügt ohne das Volumen zu zerstören.
Der Hauptwohnraum der Küche wurde durch die Entfernung einer Zwischenwand möglich – Durchwohnen von Ost nach West, dem Tagesverlauf der Sonne folgend.

Wohlfühlen in einem ca. 250 Jahre alten Holzhaus, weitergebaut und den heutigen Lebenssituationen angepasst.

Fotos: Adolf Bereuter

Bauherr: Frick Bernd und Natalia
Fertigstellung: Frühjahr 2011
Architektur: Architekt DI Bernd Frick  | Mitarbeit: Lukas Lässer